70. Vertreter*innenversammlung – Eine Einordnung

Am 29. Oktober trafen sich die gewählten Vertreterinnen und Vertreter der Architekturschaffenden aus NRW in Münster, um mit ihren Anträgen, Abstimmungen und Diskussionen die berufspolitischen Aufgaben und Ziele der Architektenkammer zu gestalten. Bereits im Vorfeld tagten unsere Vertreterinnen, formulierten unsere Anträge und die zur Abstimmung stehenden Themen.  

Zu Beginn der Versammlung gehörte das Wort zwei Gästen. Die nordrhein-westfälische Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie Mona Neubaur wies den Architektinnen und Architekten eine bedeutende Rolle bei der Bekämpfung des Klimawandels und der Einführung einer Kreislaufwirtschaft zu. Ruth Schagemann, die Präsidentin des Architects‘ Council of Europe (ACE) skizzierte die europäische Dimension bei der Bekämpfung des Klimawandels.

Mehrheiten für unsere Anträge

Die anschließende Diskussion über die Anträge der verschiedenen Berufsverbände gestaltete sich lebhaft. Dabei wurden wichtige Weichen gestellt, beispielsweise mit dem Bekenntnis zu einer „Gebäudeklasse E“ – E wie einfach aber auch experimentell –, die besonders den Wohnungsbau erleichtern soll. Die Implementierung des Junior-Architekten / der Junior-Architektin ins Regelwerk der Kammer ist ebenfalls ein wichtiger Schritt.  Und noch eine wichtige Entscheidung fiel: Die in zwei Jahren gewählte Vertreter*innenversammlung wird 41 Sitze weniger haben.

Auch unsere Anträge fanden Mehrheiten:

  1. Forderung einer landesweit einheitlichen Aufbewahrungspflicht von Baugenehmigungen und bautechnischen Nachweisen. Der Erhalt – analog oder digital – von Bauakten als Gedächtnis der Stadt ist Voraussetzung für die Weiterentwicklung des Bestands und die damit einhergehenden CO“-Reduktion im Vergleich zum Neubau.
  2. Forderung von verbindlichen Regeln, wie mit beschlossenen Anträgen aus der Vertreter*innenversammlung umgegangen wird. Mit diesem Antrag wird sich der Vorstand der AKNW beschäftigen.
  3. Prüfauftrag an den Vorstand zum regelmäßigen Wechsel des Wirtschaftsprüfers. Dies ist unabhängig von der guten Leistung des aktuellen Wirtschaftsprüfers.

Machen wir Rückschritte?

Was so vielversprechend begann und verlief, endete jedoch aus unserer Sicht mit einer Enttäuschung bei der Abstimmung zum neuen Namen für das Haus der Architekten.

Seit 22 Jahren setzen wir uns für eine Umbenennung des „Hauses der Architekten“ ein. Nach der Vertreter*innenversammlung 2020 freuten wir uns: Geht doch – das war die Reaktion auf den Beschluss, einen neuen Namen für das Haus der Architekten (dem Sitz der Architektenkammer) zu finden. Zur Erinnerung: Der BDB hatte damals ebenso wie wir einen Antrag gestellt, einen Prozess zu starten, um einen neuen Namen zu finden. Dieser sollte eine „markenbildende, zeitgemäße und geschlechtergerechte Form“ (BDB) haben bzw. „geschlechtergerecht“ sein (ai nw).

Zwei Jahre später standen nun drei Vorschläge zur Auswahl:

  • Architektenkammer.NRW
  • Haus der Architektinnen und Architekten
  • Haus der Architektur

63 Prozent der anwesenden Vertreter*innen sprach sich für Architektenkammer.NRW aus. Dies wird aus unserer Sicht den Vorgaben aus den Anträgen nicht gerecht. Der Begriff Architektenkammer.NRW ist nicht geschlechtersensibel, da er Architektinnen nicht sichtbar macht. Eine vertane Chance? Ja. Ein Rückschritt? Nein, aber keine Veränderung. Gemessen an dem Umstand, dass über zwei Jahre Geldmittel, Ressourcen der Geschäftsstelle und ehrenamtliches Engagement in den Prozess der Umbenennung geflossen sind, ist der Grat der Veränderung von Haus der Architekten zu Architektenkammer.NRW marginal.

Was können wir tun?

Was können wir tun? Es steht außer Frage, dass wir dieses demokratische Ergebnis akzeptieren. Gleichzeitig bietet es in unseren Augen eine gute Gelegenheit weiter für die Themen Sichtbarkeit – auch in der Sprache – sowie Chancengleichheit zu sensibilisieren.

Wie es gehen kann, zeigte dieses Jahr bereits die Architektenkammer in Baden-Württemberg. Sie änderte den Namen ihres Geschäftssitzes von Haus der Architekten in Haus der Architektinnen und Architekten. Zwei Sitzungssäle wurden zusätzlich nach Architektinnen benannt und ein Rahmenprogramm adressierte das Thema Chancengleichheit in verschiedenen Veranstaltungen und Veröffentlichungen. Die ai nw hatte dieses Beispiel als Blaupause früh in den Prozess eingebracht.

Wir nehmen die Entscheidung, das gute Beispiel der AKBW sowie viele erstaunte Rückmeldungen zum Ausgang der Abstimmung zum Anlass, uns weiter für den Abbau von strukturellen Hürden einzusetzen. Dazu gehört auch die Sichtbarkeit von Architektinnen als Mitglieder der Kammer.