Christina Beaumont überzeugt mit Leidenschaft, Mut und Ausgeglichenheit

Die Architektin Christina Beaumont gehört zu den wenigen jungen Architektinnen, die trotz der Übermacht der renommierten – oft männlichen und mindestens mittelalten – Architekten aktuell von sich reden machen. Bereits das macht sie zum Vorbild für uns. Die 26 Architektinnen, die Christina Beaumont am 9.11. in der Düsseldorfer TZR Galerie auf unserer Veranstaltung „Vorbilder im Gespräch“ erlebten, merkten schnell: Es ist nicht der einzige Grund.

Christina Beaumont begeistert uns: mit ihrer starken Architektur, die sie mit großer Leidenschaft realisiert, mit dem Mut, Chancen zu ergreifen, die sich bieten und mit der Einstellung Gegensätzliches nicht als Wiederspruch zu sehen, sondern als Bereicherung.

Sie begann ihren Werkvortrag ruhig und ohne die von manchem Kollegen bekannten Allüren. Dabei waren ihre „Lehrmeister“ durchaus anders: Nach dem Studium ging Christina Beaumont im Team mit ihrem Partner Achim Gergen nach Rotterdam zu OMA, nach London zu Zaha Hadid und wieder zurück nach Rotterdam.

Bereits parallel zur dem zweiten Aufenthalt in Rotterdam begannen die beiden unter ihrem Label CBAG ihre eigenen Projekte anzugehen. Nach einem Wettbewerbserfolg konnten sie 2007 die Künstlergarderoben am Festspielhaus Baden-Baden umgestalten. Ihre Idee: Sie verfremdeten bekannte Renaissance-Gemälde und tauchten Sie in eine monochrome Farbigkeit – jedes in eine andere. Dadurch erhielten sie ihre Leitlinien für die Gestaltung der 16 Garderoben. Das Konzept, das sich zuerst sehr abstrakt anhört, geht auf: Künstler, die am Festspielhaus auftreten, finden ihre Lieblingsgarderoben, lassen sich von ihr inspirieren und zum Wiederkommen anregen.

Foto: © CBAG

Zeitgleich zu dem Projekt in Baden-Baden gingen Christina Beaumont und Achim Gergen zurück in ihre Heimat ins Saarland. Dort konnten sie 2012-13 auch ihr erstes eigenes Hochbauprojekt verwirklichen. Eine Chance, die – wie Christina Beaumont zugibt – sich an einem anderen Standort wie Berlin nicht so schnell ergeben hätte. Es ist ein kleines freistehendes Bürogebäude für einen Steuerberater. Der Grundriss ist so angelegt, dass sich die Nutzung zu einem späteren Zeitpunkt problemlos ändern kann: Wohnen, Praxis oder Shop – alles ist machbar. CBAG nennen das programmatische Nachhaltigkeit. Das äußere, kompakte Volumen mit dem geneigten Dach leitet sich aus dem Standort auf dem Grundstück einer Gärtnerei ab. Große, teils räumliche ausgeformte Einschnitte lassen das ganz in weiß gehaltene Innere in dem dunklen Baukörper sichtbar werden und verbinden beides.

Foto: © CBAG

Eine weitere Chance, die Christina Beaumont und ihr Partner mutig ergriffen, war die Anfrage eines Hoteliers für den Umbau und die Erweiterung einer alten Villa mit Hausmeistergebäude in ein Vier-Sterne-Hotel. Auch hier werden die Form und die Anordnung der neuen Gebäude strikt aus der Analyse des vorhandenen Raums um den Bestand abgeleitet. In der Architektursprache grenzt sich Neu klar gegen Alt ab. Der neue Hoteltrakt hat eine Fassade aus gestanzten Alu-Faltläden, die der Gast je nach Bedarf elektronisch steuern kann. So drückt das Gebäude aus, was im Inneren geschieht.  Eine große Terrasse verbindet das Ensemble.

Foto: © André Mailänder

Die Philosophie von „Dualität von Kontext und Programm“ zieht sich durch alle Projekte, die Christina Beaumont an diesem Abend vorstellt. Ebenfalls allen gemein ist eine einladende und ästhetische Atmosphäre, die nicht zuletzt aus der Wahl der Materialien und Oberflächen resultiert. Sie ist das Ergebnis einer Kreativität, die das ganze Register zwischen Intellekt und Feingefühl nutzt.