In wenigen Wochen sind Kammerwahlen in NRW. Die architektinnen initiative nw tritt wieder mit drei Listen an – Hochbau, Innen- und Landschaftsarchitektur. Doch warum sollten Sie als Kammermitglied die ai nw wählen? Was haben wir in den letzten Jahren erreicht? Was (noch) nicht – und warum?
Wir haben bei Katja Domschky – unserer Vorsitzenden und Mitglied im Vorstand der Architektenkammer – kritisch nachgefragt. Denn bei uns gibt es keine „Halbgötter in schwarz“ und keine Angst vor Obrigkeiten.
architektinnen initiative nw: Schaffst Du es, meine Fragen kurz und prägnant zu beantworten?
Katja Domschky: Na klar, ich möchte die geneigten Leser*innen ja nicht langweilen.
ai nw: Was sind die drei wesentlichen Ziele der architektinnen initiative nw?
K.D.: Individuelles und familienfreundliches Arbeiten fördern, faire Honorierung für Angestellte und Selbstständige sowie gleiche Chancen für Frauen und Männer erreichen.
ai nw: Was hast Du in den letzten Jahren getan, um diese Ziele zu erreichen?
K.D.: Oh, das kann ich nicht ganz kurz beantworten, versuche es aber.
In der ai nw finden Fortbildungen zu vielfältigen Themen statt, auf Ebene der Berufspolitik platzieren wir wichtige Anträge bei der Kammer und setzen uns für den Ausbau des fachübergreifenden Netzwerkes ein. Kurz genug?
ai nw: Etwas ausführlicher bitte: Was steckt hinter den Anträgen?
K.D.: Wir kümmern uns vor allem um die paritätische Besetzung in Gremien und bei Veranstaltungen, flexible Arbeitszeiten, den Aspekt Lohnungleichheit und vieles andere mehr.
ai nw: Und was hast Du persönlich getan?
K.D.: Das lässt sich schwer in der Kürze wiedergeben, weil es so umfassend ist. Ich kümmere mich aktiv um die genannten Themen, indem ich Konzepte erstelle, Fragen stelle und Vorschläge mache. Oft bin ich dabei Mittlerin der verschiedenen Interessen zwischen Verband und Kammer.
ai nw: Bist Du mit den Ergebnissen der letzten fünf Jahre zufrieden?
K.D.: Nein, bei vielen Aspekten konnte ich die Ziele der ai nw leider nicht durchsetzen.
ai nw: Woran lag das?
K.D.: Politik erfordert Mehrheiten, die Themen der ai nw wurden von der Mehrheit der Vorstandsmitglieder nicht mitgetragen. Aber die Leser*innen können sich sicher sein, ich bleibe dran!
ai nw: Hier muss ich noch mal nachfassen. Die Mehrheit im Kammervorstand kann sich nicht für Themen wie Chancengleichheit bei Löhnen etc. erwärmen? Das musst Du mir erklären.
K.D.: Oft bin ich verwundert, dass bei solchen Themen immer noch dicke Bretter gebohrt werden müssen. Das müssen andere entscheiden, ob es an der immer noch sehr stark männlich geprägten Gremienzusammensetzung liegt oder aber dem hohen Durchschnittsalter in den meisten berufspolitischen Gremien. Es ist es wert, einmal zu prüfen, ob aktuell im Kammervorstand jemand unter 50 ist und im Präsidium unter 60. Wie werden eigentlich die jüngeren Mitglieder repräsentiert? Auch ein Thema, dass ich bereits vor fünf Jahren in den Vorstand eingebracht habe.
ai nw: Ende 2020 wählen die Mitglieder der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen nach fünf Jahren erneut das Parlament der Architekt*innen. Welche Hoffnungen setzt Du in diese Wahl?
K.D.: Ich hoffe zunächst auf eine kritische Auseinandersetzung mit den Wahlthemen, dann auf eine hohe Wahlbeteiligung mit vielen jungen Wähler*innen und: ein tolles Ergebnis für die ai nw!
ai nw: Mal angenommen, die ai nw gewinnt viele Stimmen hinzu und neue politische Konstellationen sind möglich. Würdest Du selbst zusätzliche Verantwortung übernehmen? Wie könnte diese aussehen?
K.D.: Ja, natürlich. Das ist ein Grund für meine Engagement. Nur so kann ich mehr für die Gleichstellung von Frauen und Männer erreichen. Es geht mir überhaupt nicht um eine konkrete Position, falls Du die Rolle der Präsidentin oder Vizepräsidentin meinst. Für mich ist wichtig, dass unsere Verbandsinhalte noch mehr Sichtbarkeit erhalten und umgesetzt werden.
ai nw: Woran können Wähler*innen erkennen, dass die ai nw erfolgreich war?
K.D.: Auf den ersten Blick ist das nicht so leicht zu erkennen. Dies liegt daran, dass unsere Vorschläge manchmal erst mit zeitlicher Verzögerung umgesetzt worden. Beispiele dafür sind unsere Hinweise zu digitalen Fortbildungsveranstaltungen, die wir im Jahr 2017 und damit weit vor Corona gemacht haben. Auch die von uns frühzeitig angeregte Neustrukturierung der Kammerausschüsse ist zunächst abgelehnt und später dann doch angegangen worden. Das Ergebnis hat mich nicht zufrieden gestellt, es gibt kaum innovative Veränderungen. Schon frühzeitig habe ich persönlich im Vorstand der Architektenkammer mehr Initiative für die Ansprache von jungen Planer*innen gefordert. Das Projekt lag einige Zeit auf Eis, ist dann auf Anregung eines anderen doch auf die Tagesordnung gekommen und hat zu guten Ergebnissen geführt.
ai nw: Ich habe den Eindruck, Du bist eine Einzelkämpferin.
K.D.: Ja, im Kammervorstand ist das oft so. Meine tiefe Überzeugung ist, dass nur im Team gute Ergebnisse erreicht werden. Erfreulicherweise ist das bei der ai nw stets gegeben.
ai nw: Was sagst Du männlichen Kollegen, warum sie die ai nw wählen sollen?
K.D.: Mehr Frauen an der Macht macht euch doch nichts! Jetzt mal im Ernst: Unsere Ziele gelten nicht nur für ein Geschlecht, sondern für alle. Wollte ihr denn nicht auch flexibler arbeiten?
ai nw: Mal angenommen, der Gott der Architekt*innen gewährt Dir drei Wünsche. Wie lauten diese?
K.D.: Das werde ich leider zu selten gefragt! Ich wünsche mir erstens eine faire Besetzung in den Gremien der Architektenkammer und in der Geschäftsstelle. Wir haben das Jahr 2020 und Weißt in der Geschäftsstelle der Kammer ist keine Führungsposition weiblich besetzt!
Zweitens wünsche ich mir schlanke Strukturen in der Kammer, z.B. durch Verkleinerung von Gremien und strenge Konzentration auf die Mitgliederbelange. Für mich gilt: weniger Hinterzimmerpolitik, mehr Funktion und weniger Funktionäre. Das würde übrigens viele Ausgaben reduzieren und einen niedrigeren Kammerbeitrag erlauben, was allen Mitgliedern nutzt.
Und mein dritter Wunsch: Wir brauchen einen konsequenten Blick auf unsere Mitglieder und deren Belange durch Veränderung statt Festhalten an Routinen. Last uns Sprüche wie „Das haben wir immer so gemacht“ endlich abschaffen.
ai nw: Woher nimmst Du die Motivation, weiter zu machen?
K.D.: Ich möchte durch mein Tun, durch das Engagement und das Streiten für die wichtigen berufspolitischen Themen immer auch ein Vorbild für unseren Nachwuchs sein.
ai nw: Was willst Du noch los werden?
K.D.: Kommt schon im Studium auf die ai nw oder mich zu, engagiert Euch berufspolitisch und entscheidet mit. Ich zähle auf Euch! Unsere Stimme braucht Eure!
ai nw: Vielen Dank für das Gespräch.