Britta Schebesta ist neue stellvertretende Vorstandsvorsitzende

Auf unserer Mitgliederversammlung im April wurde Britta Schebesta einstimmig zur neuen Stellvertreterin der Vorstandsvorsitzenden gewählt. Herzlichen Glückwunsch! Britta wird ab sofort zusammen mit Karin Hartmann, Isabella Rosenkaymer, Sandra Honak und Ulrike Haase-Mülleneisen die Aktivitäten und Inhalte der architektinnen initiative mitgestalten. Wir haben mit Britta über ihren Weg in die ai nw und ihre Ziele gesprochen.

 

Britta, Du hast 2023 Deinen Master in Architektur an der RWTH Aachen gemacht. Was war das Thema Deiner Masterthesis und wie ging es danach für Dich weiter?

Wie wir unsere gebaute Umgebung sowohl sozial als auch ökologisch nachhaltig gestalten können, interessiert mich schon seit einer Weile. Zusammen mit meiner Kommilitonin Franziska Müller habe ich ein Bausystem für Aufstockungen im urbanen Umfeld mit Lehm, Stroh und Holz entwickelt. Mit dem Konzept sind wir für den wa award nominiert und werden durch das Gründungsnetzwerk in Aachen unterstützt. Wir beide verfolgen dieses Thema weiter: Aktuell bin ich in Teilzeit in einem Architekturbüro angestellt und arbeite parallel mit Franziska daran, eine Selbstständigkeit in diesem Bereich aufzubauen.

Wie bist Du dazu gekommen, dich für das Thema Feminismus zu engagieren?

Ich habe unterschwellig schon lange eine Diskrepanz zwischen den gelebten Idealen in der Architekturbranche und meinen eigenen Werten gespürt, konnte es aber nicht so richtig greifen. Auf der Suche nach Antworten habe ich mich mit anderen Frauen vernetzt und erfahren, wie wertvoll dieser Austausch ist. Das Eintauchen in die aktuelle Debatte und die Teilnahme an einem Mentoringprogramm waren für mich ein Startschuss, mich sowohl auf persönlicher Ebene als auch darüber hinaus mit dem Thema auseinanderzusetzen. Wobei ich sagen muss, dass in meiner Wahrnehmung die Benachteiligung von Frauen* Teil von etwas Größerem ist. Es gibt Missstände – auch in der Lehre – unter denen vor allem Frauen leiden, aber auch viele Männer.

Kannst Du diese Missstände näher benennen?

Es ist vor allem das Narrativ, dass der Beruf Berufung sein muss. Ich habe bei Kommiliton*innen und bei mir selbst erlebt, dass das Aufopferungsthema mental an die Substanz geht. Das ist weder für die Sache noch für die betroffene Person zielführend und hat auch Auswirkungen auf unser Miteinander. Es entsteht ein regelrechter Wettbewerb, wer am wenigsten geschlafen oder am meisten gelitten hat. Ich finde, wir sollten stattdessen darüber sprechen, welche Rahmenbedingungen notwendig sind, damit Architekt*innen langfristig qualitativ wertvolle Arbeit leisten können und mit Neugier und Freude bei der Sache sind.

Viele Frauen merken im Studium und vor allem in den ersten Jahren im Beruf, dass etwas nicht stimmt, suchen aber den Fehler nur bei sich.

Bei mir war es genauso. Lange hatte ich das Gefühl, nicht ins System zu passen, obwohl es dafür von außen betrachtet keine Anhaltspunkte gab. Unter anderem durch den offenen Austausch mit erfahrenen Architektinnen sowie mit Freund*innen habe ich erkannt, dass es ein systemisches Problem ist. Das hat mir auch die Relevanz von Netzwerken zwischen Frauen als wichtigen Lösungsansatz gezeigt.

Zum Glück erlebe ich, dass sich aktuell einiges tut. Beispielsweise gibt es an der RWTH das Projekt „Frauen am Reiff“. Es macht Frauen in der Architektur mit unterschiedlichen Formaten sichtbarer. Die zwei Leiterinnen, Frederike Eyhoff und Dr. Birgit Schillak-Hammers, adressieren auch die genannten Missstände und setzen sich für eine andere Arbeitskultur ein.

Gibt es etwas, das du durch dein Engagement in der architektinnen initiative nw erreichen möchtest?

Mein Anliegen ist, einen Beitrag dazu zu leisten, den Druck des Systems abzumildern. Ich wünsche mir, dass wir uns mehr als Menschen sehen und unsere unterschiedlichen Qualitäten wertschätzen. Dass wir erkennen, wie bereichernd es ist, wenn nicht nur (vermeintliche) Perfektionist*innen Architekt*innen werden, sondern sich unterschiedliche Fähigkeiten ergänzen.

Mir ist es wichtig, mit diesem Thema in die Öffentlichkeit und Sichtbarkeit zu gehen, denn sonst bleibt es dabei, dass alle den Fehler bei sich suchen und sich aufreiben.

Ist das ein Thema, das viele in deinem Alter beschäftigt – Männer wie Frauen?

Ja, wobei ich es nicht als unlösbaren Generationenkonflikt betrachte. Ich sehe schon, dass die Generationen unterschiedlich geprägt sind aber ich glaube, dass in der Zusammenarbeit viel Potenzial liegt. Es ist eine Frage der Kommunikation.

Danke für das Gespräch. Wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit mit Dir.

Unsern euer Vorstand (v.l.n.r): Isabella Rosenkaymer, Britta Schebesta, Karin Hartmann und Ulrike Haase-Müssleneisen. Ebenfalls im Vorstand: Sandra Honak.