Gleichberechtigung als guter Vorsatz – so gelingt die Umsetzung

2021 war das Thema „Frauen in der Architektur“ sehr präsent. Gute Voraussetzungen, damit 2022 das Jahr wird, in dem sich auch im Arbeitsalltag wirklich etwas ändert. Doch was müsste das sein und wie könnte es gelingen? Wir sprachen mit Karin Hartmann darüber. Die Architektin ist Mitglied in der architektinnen initiative nw und veröffentlicht im Frühjahr ihr Buch „Schwarzer Rolli, Hornbrille“ im JOVIS-Verlag.

ainw: Wie schätzt Du die aktuelle Lage von Frauen in unserer Branche ein?

Karin Hartmann: Wir sind in einer Situation, wo die Debatte um Gleichberechtigung im Fachdiskurs ankommt. Das ist ein toller Erfolg! Jetzt geht es darum, die nächsten Schritte zu machen. Wie ist die Situation in meinem Büro? Was kann ich selbst tut, um die Situation zu verbessern? Ein idealer Vorsatz für alle Büroinhaber*innen aber auch Mitarbeitende.

Viele Büros ächzen gerade unter den verschiedenen Belastungen wie Fachhandwerker- und Materialmangel. Warum sollte man sich dennoch die Zeit nehmen, die Chancengleichheit im Büro zu verbessern? 

Der Druck auf dem Arbeitsmarkt verschafft Büros mit einer zeitgemäßen Arbeitskultur bessere Chancen, gute Mitarbeiter*innen zu gewinnen und insbesondere auch zu halten. In der Corona-Krise haben sich viele Beschäftigte bessere Jobs gesucht. Es ist ein Prozess, die eigene Bürokultur umzustellen. Es lohnt sich, so früh wie möglich damit zu beginnen.

Ein eklatanter Missstand ist der Gender Pay Gap. Wie kann ich als Büroinhaber*in aber auch als Arbeitnehmer*in für faire Bezahlung sorgen?

Die Frage ist doch eher, warum bezahle ich Frauen eigentlich weniger Gehalt bei gleicher Leistung? Transparenz ist die grundlegende Voraussetzung, um Lohnungleichheit herzustellen. Es gibt keinen Grund, Mitarbeiterinnen bei gleicher Qualifikation weniger Gehalt zu zahlen, das gilt für Vollzeit, aber auch im Verhältnis für Teilzeit.

Flexible Arbeitszeiten sind mit der klassischen Arbeitskultur im Architekturbüro nur schwer vereinbar. Teilzeit bedeutet fast immer das Ende der Karriere. Was muss sich ändern?

Das sind teilweise auch gesellschaftlich verankerte Narrative, die wissenschaftlich nicht haltbar sind – im Gegenteil: Die Anwesenheitskultur führt keineswegs zu einer höheren Produktivität oder Effizienz, sondern eben zu mehr Anwesenheit.

Orientierung können hier Strukturen aus dem New Work geben. Interessant wird es, wo es weniger Top-Down-Führungsstrukturen gibt. Wichtig ist die Suche nach Arbeitsbedingungen, die für Beschäftigte und Büro gut funktionieren. Hierzu lohnt es sich, Fragen zu stellen wie: Welche Unterstützung brauchst Du, um am besten arbeiten zu können?

Wir danken für das Gespräch.

Bild: Tim Mossholder auf Unsplash